Wildtierverbot für Zirkusbetriebe beantragt

Zu der öffentlichen Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 13. Juni im Rathaus sowie zur Stadtverordnetenversammlung am 20. Juni 2016 im Kultur- und Sportforum wurde von den Grünen folgender Antrag eingereicht:

Antrag Wildtierverbot für Zirkusbetriebe

Die Stadtverordnetenversammlung beschließt, den Magistrat zu beauftragen, dass kommunale Flächen künftig nur noch an Zirkusbetriebe vergeben werden, die keine Wildtiere mitführen. Hierunter fallen insbesondere Affen, antilopenartige Tiere, Bären, Elefanten, Flusspferde, Giraffen, Greifvögel, Großkatzen, Kängurus, Nashörner, Papageien, Reptilien (Krokodile, Schlangen, Echsen u. a.), Robben, Strauße, Wildformen von Rindern sowie Zebras.

Begündung:

Wildtiere können in reisenden Zirkusbetrieben nicht tiergerecht gehalten werden. Daher hat der Bundesrat bereits 2003, 2011 und nochmals 2016 jeweils eine Entschließung für ein Verbot von Wildtieren in Zirkusbetrieben gefasst. In seiner Entschließung vom 18. März 2016 stellt der Bundesrat ausführlich die Gründe dar, warum die Haltung und Zurschaustellung von Wildtieren im Zirkus erhebliches Tierleid bedeutet[1]. Die Bundesregierung teilte 2014 mit, dass im zuletzt erfassten Berichtsjahr 2011 insgesamt 895 amtstierärztliche Kontrollen in Zirkusbetrieben durchgeführt wurden. Dabei stellten die Veterinäre 409 Verstöße gegen die Haltungsanforderungen für Tiere fest – also bei fast jeder zweiten Kontrolle[2]. Ebenso begründen die großen deutschen Tierschutzorganisationen in einem gemeinsamen Schreiben an die Bundesregierung für die Notwendigkeit eines Wildtierverbots im Zirkus[3]. Einer repräsentativen forsa-Umfrage vom Mai 2014 zufolge vertreten 82 % der Deutschen die Auffassung, dass Wildtiere im Zirkus nicht artgerecht gehalten werden können[4]. Zwei Drittel der Deutschen unterstützen repräsentativen Umfragen zufolge ein Wildtierverbot im Zirkus[5] [6]. 18 europäische Länder, darunter die Niederlande, Österreich und Belgien, haben aus Gründen des Tierschutzes bereits bestimmte Tierarten im Zirkus verboten[7].

Auch unter dem Aspekt der Gewährleistung der Sicherheit und Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ist die Haltung exotischer Tieren im reisenden Zirkusbetrieb abzulehnen. Immer wieder brechen Tiere aus ihren Stallungen und Käfigen aus. Dabei werden häufig Menschen verletzt sowie Verkehr und Tiere gefährdet[8]. Im Juni 2015 wurde im baden-württembergischen Buchen ein Passant von einem aus einem Zirkus ausgebrochenen Elefanten zu Tode gedrückt[9].

12 hessische Kommunen, beispielsweise Karben, Büdingen, Hanau oder Gießen haben bereits Verbote und Beschränkungen für reisende Zirkusbetriebe mit Wildtieren beschlossen[10].

Seit April 2016 ist ein Urteil des Verwaltungsgerichts München rechtskräftig, welches die Rechtmäßigkeit eines kommunalen Wildtierverbots bestätigt[11]. Das Verwaltungsgericht München sieht im kommunalen Wildtierverbot keinen Verstoß gegen die verfassungsmäßig geschützten Rechte der Berufs- und Kunstfreiheit oder des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs. In zweiter Instanz äußerte sich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof und bestärkte die vorangegangene Entscheidung mit Hinweis auf das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen (Art. 28 GG) [12]. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof betonte die Entscheidungsfreiheit der Städte bei der Ausgestaltung ihrer Veranstaltungskonzepte. Die Entscheidung, Zirkusbetriebe mit Wildtieren abzulehnen, basierte dabei dem Gericht zufolge maßgeblich auf der ablehnenden Haltung der Bevölkerung gegenüber Wildtieren in Zirkussen und negativen Erfahrungen mit anderen Zirkusbetrieben.

In einer weiteren Entscheidung zu der Thematik hat das Verwaltungsgericht Darmstadt am 17. Oktober 2016 zu Gunsten der Stadt Reinheim entschieden, die auf ihrer Fläche ein Zirkusgastspiel mit Tigern untersagte. Das Verwaltungsgericht betonte, die Gemeinde habe „bei der Vergabe von Veranstaltungsplätzen einen weiten Gestaltungsspielraum und könne die Vergabe des Platzes zulässigerweise auf eine Veranstaltung ohne Raubtiere beschränken[13]. In zweiter Instanz wies der Hessische Verwaltungsgerichtshof am 19. Oktober 2016 die Beschwerde des Zirkusbetriebs gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Darmstadt zurück. Der Beschluss ist rechtskräftig und unanfechtbar[14].

S. Presseerklärung „Grüne Anträge für die SVV am 20. Juni 2017“

[1] Bundesrat (2016): Entschließung des Bundesrates zum Verbot der Haltung bestimmter wild lebender Tierarten im Zirkus. Online unter: www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2016/0001-0100/78-16%28B%29.pdf?__blob=publicationFile&v=1 Letzter Zugriff: 29.05.2016

[2] Bundestag (2014): Antwort der Bundesregierung – Haltung von Wildtieren im Zirkus. Online unter: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/026/1802690.pdf Letzter Zugriff: 29.05.2016

[3] PETA und Tierschutzverbände (2014): Schreiben an Bundesminister Christian Schmidt. Online unter: www.peta.de/Verbaendebrief-Zirkus. Letzter Zugriff: 29.05.2016

[4] forsa (2014): Meinungen zur Haltung von exotischen Wildtieren in reisenden Zirkusbetrieben. Online unter: www.peta.de/mediadb/Forsa-Umfrage_Wildtiere_Zirkus.pdf Letzter Zugriff: 29.05.2016

[5] ZDF-Magazin Frontal21 (2014): Mehrheit der Deutschen gegen Wildtiere im Zirkus. Online unter: https://presseportal.zdf.de/pressemitteilung/mitteilung/zdf-magazin-frontal-21-mehrheit-der-deutschen-gegen-wildtiere-im-zirkus/887/select_category/13/seite/59/. Letzter Zugriff: 29.05.2016

[6] GfK (2010): Umfrage Wildtiere im Zirkus. Online unter: www.peta.de/mediadb/gfk.pdf Letzter Zugriff: 29.05.2016

[7] PETA (2016): Verbote der Haltung von Wildtieren in Zirkussen. Online unter: www.peta.de/VerbotWildtiereImZirkus Letzter Zugriff: 29.05.2016

[8] PETA (2016): Unfälle und Ausbrüche in Deutschland. Online unter: www.peta.de/Zirkusunfaelle Letzter Zugriff: 29.05.2016

[9] SPIEGEL (2015): Tödlicher Angriff: Zirkuselefant soll in Tierpark umziehen. Online unter: www.spiegel.de/panorama/toedlicher-angriff-in-buchen-zirkuselefant-soll-hinter-gitter-a-1038741.html Letzter Zugriff: 29.05.2016

[10] PETA (2016): Verbote der Haltung von Wildtieren in Zirkussen. Online unter: www.peta.de/VerbotWildtiereImZirkus Letzter Zugriff: 29.05.2016

[11] Verwaltungsgericht München (2014): Urteil vom 06.06.2014, rechtskräftig seit 27.04.2016. Aktenzeichen M 7 K 13.2449. Online unter https://openjur.de/u/728811.html Letzter Zugriff: 29.05.2016

[12] Bayerischer Rundfunk (2016): Kommunen dürfen weiter Verbote für Wildtiere erlassen. Online unter: www.br.de/nachrichten/oberbayern/inhalt/wildtierverbot-zirkus-klage-erding-100.html Letzter Zugriff: 29.05.2016

[13] Verwaltungsgericht Darmstadt (2016): Beschluss vom 17.10.16. Aktenzeichen 3 L 2280/16.DA. Online unter: www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?nid=jnachr-JUNA161002236&cmsuri=%2Fjuris%2Fde%2Fnachrichten%2Fzeigenachricht.jsp. Letzter Zugriff: 22.10.2016

[14] Hessischer Verwaltungsgerichtshof (2016). Beschluss vom 19.10.16. Aktenzeichen 8 B 2611/16. Online unter: www.juris.de/jportal/portal/page/homerl.psml?cmsuri=/juris/de/nachrichten/zeigenachricht.jsp&feed=juna&wt_mc=rss.juna&nid=jnachr-JUNA161002268. Letzter Zugriff: 22.10.2016